„Ich bin so bereit wie man nur sein kann.“ Cedar Wright holt noch einmal tief Luft. Die Flugbedingungen an diesem frühen Morgen sind gut. Am Startplatz haben sich unzählige junge Kenianer versammelt. Sein Begleiter und Mentor Nick Greece ist ebenfalls bereit. Die Kamera läuft. Eins, zwei, drei... dann heben die zwei Amerikaner nacheinander ab. Das Kerio Valley Naturreservat liegt ihnen zu Füßen. Woohoa! Cedar hat eine Vision. Er will seine persönliche Bestmarke knacken und seinen ersten 100-Meilen-Flug realisieren. „Im Kerio Valley fliegst du an einer windigen Geländekante entlang, die steil auf ein Hochplateau abfällt“, beschreibt Cedar die Strecke. „Es kann dort ziemlich turbulent und unberechenbar werden, es gibt ein explosives Gemisch aus thermischen und dynamischen Aufwinden. Wenn du einen Klapper hast, hast du wenig bis keine Zeit ihn abzufangen.“
Cedar ist wild entschlossen, bis an seine Grenzen zu gehen. 100 Meilen sind weit. Sind sie für ihn zu schaffen? Jedenfalls nicht heute, denn es wird zu turbulent und beide müssen landen. Das Maisfeld könnte als Notlandeplatz funktionieren. Bei heftigem Rückenwind verliert Cedar für einen Moment die Kontrolle. Ruppig setzt er auf dem Boden auf. Überschlägt sich. Nick hält die Kamera unbeirrt drauf. „Holy shit!“, entfährt es Cedar. Ganz in amerikanischer Manier macht er gute Miene zur schmerzhaften Crashlandung. „Ich bin traumatisiert, mir reicht’s jetzt erst mal.“ Fast trotzig packt er seine Sachen zusammen. Das mit dem 100-Meilen-Langstreckenflug ging also fürs Erste in die Hose.
Was macht einen guten Gleitschirmflieger aus? Nick: „Ein guter Paraglider hat das Gedächtnis eines Goldfisches.“ Aufstehen, das Gefühl des Scheiterns abschütteln, nach vorne blicken. Jetzt erst recht, denken sich die zwei Piloten. So schnell geben sie nicht auf. Ausrüstung, Schirm, persönliche Einstellung – passt. Heute folgt der zweite Versuch.
Die Bedingungen geben den Piloten recht. Das Selbstvertrauen ist zurück. Mit einer gewissen Gelassenheit soaren sie am Grat entlang. Heute spulen sie die Meilen unter der Sonne Kenias regelrecht ab: 16... 32... 60 Meilen. Ekstatisch fliegen sie weiter. Fühlt sich verdammt gut an. 100 Meilen zu fliegen sei für einen Gleitschirmflieger wie volljährig werden, vergleicht Cedar das Abenteuer. „Und wenn man abhebt, weiß man nie, wo man wieder landet.“ Du bist fast einen ganzen Tag in der Luft, „dafür musst du auch mental fit und ausdauernd sein.“ Genau diese körperliche und geistige Herausforderung treibt den Kalifornier an. „Du bist sieben bis acht Stunden unterwegs, ohne Motor.“ Für Cedar ist das der ultimative Abenteuersport, „genau das mag ich.“
173 km in 7 Stunden: Flug auf XContest.org
Heute läuft’s wie geschmiert. Die Thermik trägt die zwei Piloten in ungeahnte Weiten. Problemlos knacken sie die 100-Meilen-Marke. Die Daumen gehen hoch. Enthusiastisch gleiten sie weiter – soweit der Wind sie bringt. 102... 105... am Ende legen sie sage und schreibe 117 Meilen (173,2 Kilometer) zurück. Cedar setzt sein breitestes Grinsen auf: „I FUCKIN‘ DID IT!“ So, als ob er es selbst kaum glauben kann. Nick, der die Idee für das Flugabenteuer ursprünglich hatte, kommentiert das Ergebnis nüchterner: „Das ist der Ort, zu dem Menschen kommen, um persönliche Rekorde zu knacken.“
Cedar Wright liebt das Risiko. Als Extremkletterer und Gleitschirmpilot hat der Amerikaner einen ausgeprägten Hang zur Leidenschaft. Denn seine ultimativen Abenteuer bringen ihn immer wieder in Situationen, die Leiden schaffen. Wenn er nicht am Himmel oder auf Bergen unterwegs ist, macht er Filme, Musik oder schreibt Geschichten.
Cedar Wright liebt das Risiko. Als Extremkletterer und Gleitschirmpilot hat der Amerikaner einen ausgeprägten Hang zur Leidenschaft. Denn seine ultimativen Abenteuer bringen ihn immer wieder in Situationen, die Leiden schaffen. Wenn er nicht am Himmel oder auf Bergen unterwegs ist, macht er Filme, Musik oder schreibt Geschichten.