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Crossing Borders

Quer über den Himalaya von Indien nach Nepal

1.200 Kilometer auf Höhen bis über 7.000 m quer durch den Himalaya: Sebastian Huber und Stefan Bocks hatten sich für ihre Gleitschirm-Abenteuertour von Ladak, Indien, bis nach Pokhara in Nepal über den Oktober hinaus sechs Wochen Zeit genommen. Unterwegs hatten die beiden Bayern einige Hürden und Grenzen zu überwinden. Das Fliegen war dabei das geringste Problem.

Diesen Flug am 9. Oktober 2017 wird Basti in seinem Leben nicht vergessen. „Es war in der Nähe von Kaschmir. Wir hatten Blauthermik, waren bis zu 7.106 Meter hoch und mir hat nichts gefehlt! Ich war bei vollem Bewusstsein und die Kälte war längst nicht so eisig, wie ich es in dieser Höhe erwartet hätte!“ Ganz anders an den darauffolgenden Tagen. „Da waren wir tiefer, auf 6.500 Meter, und hatten Wolkenthermik. „Wegen der höheren Luftfeuchte hast Du die Kälte dann schon gemerkt“, sagt Basti.

„Wenn Du das erste Mal in deinem Leben auf 7.000 Metern herumschwirrst – das ist brutal.“

Sebastian Huber

Die Vorbereitung

Basti und Boxi hatten sich dafür gut akklimatisiert. Am 3. Oktober waren sie in Leh, Ladakh, auf 3.500 m gestartet und von dort vier Tage ins Zanskar Valley und am Indus entlang bis auf 5.000 m marschiert. Dann folgte der Flug mit 7.000 m gekrönt von einer Landung zwischen jubelnden Kindern. Auch gegen die zu erwartenden niedrigen Temperaturen hatten sich die Bayern bestens gewappnet. „Eines der wichtigsten Gegenstände waren die Handschuhe“, sagt Basti.

„Du würdest dir viel versauen, wenn du wegen der Kälte landen müsstest!“

Sebastian Huber

Bei der Vorbereitung konnten sie auf einen grossen Erfahrungspool zurück greifen: von ihren zweifachen X-Alps-Teilnahmen, aber auch früheren Solo-Biwakflug-Abenteuern. Alle mitgenommenen Ausrüstungsgegenstände kamen zum Einsatz. Selbst die Gamaschen. „Noch ganz am Schluss!“, freut sich Basti. Weil sie in Ladakh vergessen hatten, Gaskartuschen zu besorgen, kochten sie Wasser und Suppen immer über offenem Feuer.

Zum Abschluss eines langen Flugtags landen sie nach Möglichkeit oben am Berg. In Höhen meist über 3.500 m und weit darüber habe man dabei sehr aufpassen müssen, berichtet Basti. Nicht nur wegen des unwegsamen Untergrunds, sondern vor allem weil man wesentlich schneller unterwegs sei. Auch das Starten ist mit dem höhenbedingtem, oftmals stärkerem Wind wesentlich anspruchsvoller. „Mein Trainig im Vorfeld der X-Alps und die vielen Stunden unter dem OMEGA XALPS 2 kamen mir dabei sehr zugute“, sagt Basti.

„Mein Material hat super durchgehalten. Es ist der Hammer, was mein OMEGA XALPS 2 alles mitgemacht hat!“

Sebastian Huber

Die Bürokratie in Indien lässt sich dagegen im Vorfeld nicht trainieren. Für einen Europäer ist sie nahezu undurchschaubar. So wird Basti, als er in Keylong 200 Meter von der Polizeistation entfernt landet, festgenommen und seine Ausrüstung beschlagnahmt. Er hatte nicht gewusst, dass Gleitschirmfliegen in dem Ort nicht geduldet wird. Nach einem Tag zäher Gespräche stellt sich heraus, dass er nicht bestraft werden kann, weil er in einem anderen Distrikt gestartet war. Gegen eine Spende von zehn Dollar erhält Basti seine Ausrüstung wieder zurück und kann mit Boxi, den er während des Flugs aus den Augen verloren hatte und der zwischenzeitlich zu Fuss in Keylong eingetroffen war, mit dem Bus auf den Rohtang Pass fahren. Es folgt ein traumhafter Flug mit Geiern nach Bir Billing, dem bekannten indischen XC-Spot.

Festnahmen, Höllenbusfahrten und weite Flüge

Am 16. Oktober, zwei Biwakflugtage hinter Bir und sechs Tage nach der ersten Festnahme folgt die nächste. Am Checkpoint zum Nationalpark Gangotri. Fliegen ist hier verboten. Die beiden wollen nicht fliegen, nur ihre Pässe wieder! Nach langen Verhandlungen und einer Strafe von 200 Dollar dürfen sie weiter – per Bus nach Gangotri. Am folgenden Tag fahren sie mit dem Bus weiter. Über Geröll und immer nah am Abgrund entlang geht es talauswärts. Es ist eine Höllentour. "Die Leute kotzten aus den Fenstern und der Fahrer fuhr wie der Henker“, erinnert sich Basti. Nach zehn Kilometern verlassen die beiden fluchtartig das Gefährt. Und werden in den kommenden zwei Tagen mit geradezu erholsamen 110- und 75-Kilometer-Flügen über niedrige Gras und Waldhügel für ihre Strapazen entlohnt.

Die Route

Der nächste Schock folgt am 21. Oktober. Boxi war heimlich unweit von Darchula an der indisch-nepalesischen Grenze gelandet, wird in der Stadt aber von Polizisten aufgegabelt. Sie verhören ihn immer wieder und blenden dabei mit Taschenlampen in sein Gesicht. Er bloggt: „Wie bei der Stasi.“ Basti war extra zehn Kilometer entfernt auf 2.000 m Höhe gelandet, weil er jeglichen Ärger mit Behörden hatte vermeiden wollen. Als er jedoch im Hotel auf Boxi trifft, hat der einen ganzen Anhang von Polizisten dabei! Basti wird eine Stunde im Hotelzimmer verhört, seine Ausrüstung und sein Handy durchsucht. Danach werden die beiden Piloten in Ruhe gelassen. Ihre Ausweise erhalten sie am nächsten Tag zurück. Ausreisen dürfen sie hier dennoch nicht.

„Es ist total interessant, wie bürokratisch es in Indien eigentlich abläuft.“

Sebastian Huber

Das geht nur in der Nähe von Mahendranagar, rund 250 km südlich im Flachland. Nach einer tagesfüllenden holprigen Busfahrt hinaus ins Flachland, dem erfolgreichen Grenzübertritt nach Nepal und einer Taxifahrt wieder zurück ins Gebirge setzen Basti und Boxi ihr Biwakflug-Abenteuer fort. Durch unwegsames Tigergelände dringen sie weiter Richtung Pokhara vor. Das Gebiet ist so unübersichtlich, dass Basti zur besseren Orientierung immer wieder auf Bäume klettern muss. Am 27. Oktober verlieren sich Basti und Boxi beim Fliegen aus den Augen.

Die Ankunft

Basti fliegt nach Süden, um der tiefen Basis und dem drohenden Schlechtwetter weiter nördlich zu entfliehen und um auf dem direktesten Weg nach Pokhara zu kommen. Seine Taktik geht auf. Vier Tage später landet er abends in der nepalesischen Gleitschirmhochburg. Boxi wird im Norden eingeschneit und muss ausharren. Basti zieht es derweil nach Hause, zu seiner Freundin und seiner Familie. Sein imaginärer Topf an neuen Eindrücken ist randvoll. „Ich habe so viel gesehen“, erzählt er. „Was ich mit Boxi, aber auch alleine alles erleben durfte war der Wahnsinn!“ Doch irgendwann sei es genug. Nach Absprache mit Boxi legt er seinen Rückflug vor und landet zwei Tage später in München.

„Es war schade, dass wir nicht gleichzeitig in Pokhara angekommen sind, aber es passte für uns beide.“

Sebastian Huber

Sebastians Ausrüstung

OMEGA XALPS 2

OMEGA XALPS 2

Ready to Race

LIGHTNESS XALPS

SQR Light

SQR Light

Leicht Retter

Das Team

Basti Huber

Spätestens nach seinem zweiten Platz beim X-Alps 2015 ist Basti in der Gleitschirmszene kein Unbekannter mehr. Mit dem Fliegen begann der Forstwirt 2008, um sich das Runtergehen von den Bergen per pedes zu ersparen. Der ADVANCE-Teampilot ist Bergsportler und Abenteurer durch und durch und am liebsten draussen in der Natur unterwegs.