Please choose your language

Segelnd ins Paradies

und dann ab in die Luft

Tom de Dorlodot überquert mit seinem Segelschiff den Atlantik und will das Streckenflugpotenzial in der Dominikanischen Republik erkunden. Dort trifft er den Fotografen Adi Geisegger und dessen Begleiter Robert Blum. Unberührte Palmenstrände, Bachata-Rhythmen und ein paar richtig anspruchsvolle Startplätze erwarten sie. Inklusive Maultier-Trip durch den Dschungel.

Ein unerwünschter Gast

Adi Geisegger lässt sich auf sein Bett fallen und zuckt zusammen. Direkt über ihm hängt eine Vogelspinne bewegungslos an der Decke des rudimentär eingerichteten Hotelzimmers. „Und was jetzt?“, fragt er leicht verunsichert in Richtung seines Zimmerkollegen. Robert Blum meint trocken: „Schlafen.“

Wenige Stunden zuvor sind die beiden in Punta Cana gelandet. Es ist Mitte Januar, Winter in Europa. Hier wollen sie den Abenteurer und Gleitschirmprofi Tom de Dorlodot treffen. Eben hat der 37-jährige Belgier den Atlantik mit seinem Segelschiff überquert. Das Trio will auf der Insel fliegen. Adis Mission: Fotos vom neuen Leicht-Streckenflugschirm IOTA DLS schiessen.

„ Es gibt wenige offizielle Fluggebiete, aber diese bieten relativ gute Startplätze und ansprechende Flugbedingungen. Wer mehr Abenteuer sucht, findet auch wenig erschlossene Gebiete. “

Robert Blum

Vom Wind kilometerweit getragen

Nach einer für Adi fast schlaflosen ersten Nacht treffen er und Robert am kommenden Morgen unterhalb von Santa Domingo auf Tom. In dessen Schlepptau ein einheimischer Gleitschirmpilot, der den drei Gästen schon einen Fahrer samt Fahrzeug organisiert hat. „Jetzt ist die beste Zeit zum Fliegen, lasst uns gleich losgehen“, meint er.

Schon wenig später sind die drei in der Luft. Sie soaren an einem Strand, fliegen Wingover, kurven nur Zentimeter über den Baumkronen der dicht bewachsenen Hänge. Türkis schimmert das Meer unter ihnen. Plötzlich steigt es überall und parallel zur Küstenlinie formen sich schöne Cumuli. Eine Konvergenz, die es dem Trio ermöglicht, weit über das offene Meer hinauszufliegen. Etliche Kilometer weiter landen sie bei untergehender Sonne direkt am Strand. Bachata-Rhythmen läuten das Wochenende auf der karibischen Insel ein. Bei Kokosmilch schmieden sie Pläne für die kommenden Tage. Auf dem Weg ins Zentrum nach Jarabocoa, die eigentliche Heimat der dominikanischen Gleitschirmszene, passieren Tom, Robert und Adi ein Hochtal, wo es laut dem einheimischen Piloten einen schwer erreichbaren Startplatz gäbe. Der perfekte Ausgangspunkt für einem Streckenflug.

„Das Streckenflugpotenzial ist durchaus gegeben. Davon zeugt auch der Inselrekord von rund 200 Kilometern.“

Tom de Dorlodot

Mit dem Maultier zum Startplatz

Bei 30 Grad und Luftfeuchtigkeit jenseits der 90 Prozent machen sie sich auf den Weg. Oben angekommen schauen sich die drei Gast-Piloten verdutzt an. Der sogenannte Startplatz bietet gerade einmal Platz, um den Schirm auszulegen und vielleicht knappe zehn Meter Anlauf darüber hinaus. Ein Start ist, wenn überhaupt, nur mit Wind möglich. Wenig später zieht eine Ablösung durch, eine Einladung für X-Alps-Veteran Tom, schon nach wenigen Anlaufschritten hebt er ab, wenig später gefolgt von Geisegger und Blum. Die Thermik ist stark, es zieht sie förmlich an die Basis. Ein rasanter Auftakt zum ersten richtigen Streckenflug. Einem Höhenzug Richtung Norden folgend, fliegen sie über mit Wollgras bewachsene Hänge, die golden im Sonnenlicht schimmern. Die Flugbedingungen sind blendend, das Tempo hoch. Doch nach rund 40 Kilometern drehen sie um. Typisch Karibik haben sich vor ihnen Cumulus-Wolken aufgetürmt, wenig später folgen die ersten Schauer in der Ferne. Es ist das vorzeitige Ende eines bis dahin fast dreistündigen Streckenfluges.

Ahoi Matrose

Zwei Tage später treffen sich Adi und Robert am Hafen von Samana mit Tom auf dessen Segelschiff. Es ist später Nachmittag, als die drei Europäer in die karibische See stechen. Tom führt seine Besucher in die hohe Kunst des Segelns ein. Schliesslich verbringt er mehrere Monate im Jahr auf dem Boot und ist immer auf der Suche nach exotischem Gleitschirm-Neuland.

Es wird eine kurze Nacht, für Tom auf seinem Schiff, für seine Gäste im Bed’n’Breakfast. Schon früh brechen sie auf Richtung Norden. Ziel: Playa Rincon. Zu Fuss geht’s über einen steilen Steig parallel zur Küstenlinie nach oben auf ein Plateau. Dort treffen sie auf einen Bauern und fragen nach dem Ort, den ihnen die Einheimischen empfohlen haben. Das Flecklein Land, auf das er deutet, wird zu allem Überfluss von einem seiner Zäune gekreuzt. Doch er zeigt sich schnell bereit, diesen kurzfristig abzulegen.

Trotzdem bleibt der Start eine Herausforderung: Der Platz ist leicht im Lee, der Wind nicht wirklich laminar. Einmal in der Luft, soaren sie über die kristallklare Bucht, den menschenleeren Palmenstrand. Zu ihrer Seite das Kap der Playa Rincon mit seiner atemberaubenden Urwaldvegetation. In einem Mix aus Thermik und Meeresbrise kreisen sie entlang der Küste immer höher über der paradiesischen Landschaft. Es ist der gemeinsame Schlusspunkt ihres karibischen Abenteuers.

„ Bei jedem meiner Abenteuer, ob in der Luft oder auf dem Meer, geht es immer auch darum, den Moment voll auszukosten, bis zum Schluss. “

Tom de Dorlodot

Die Ausrüstung

Das Team