Es gibt viele Gipfel in den Alpen, doch nur wenige haben solch eine enorme Ausstrahlung wie das Matterhorn. Mich als „fliegenden Fotografen“ liess der Traum, einmal mit dem Gleitschirm im richtigen Licht über diesem Giganten zu kreisen, nicht mehr los! Als ich Michi Maurer von der Idee erzählte, war der Schweizer sofort überzeugt: „Wenn du es versuchen willst, bin ich dabei!“
Damit ich den Bergriesen im besten Licht einfangen konnte, würden wir früh morgens starten müssen. Daher konnten wir nicht auf die Thermik zählen, sondern wollten den Paramotor als Aufstiegshilfe nutzen. Grundsätzlich stellte sich die Frage, ob wir mit dem Paramotor überhaupt in der Lage sind, auf über 4500 m zu steigen. Wir führten Testflüge und zahlreiche Optimierungen durch, um das beste Setup zu finden. Zudem durfte mobiler Sauerstoff nicht fehlen, denn eine solche Höhe ohne Akklimatisation lässt uns Flieger schnell höhenkrank werden.
Das richtige Wetterfenster zu finden, stellte die grösste Herausforderung dar. Mit nur 14 PS des Paramotors müssen wir über 4000 Höhenmeter überwinden. Das wird nur funktionieren, wenn uns der richtige Wind dabei hilft. Es vergingen unzählige Stunden vor Isobaren-Karten und Wind-Prognosen, bis sich nach drei Monaten ein mächtiges Azorenhoch ankündigte, das die passenden Windverhältnisse mitbrachte. Leichter Südostwind bis auf über 4500 Meter Höhe und um die minus 23 Grad – die perfekten Bedingungen für unser Vorhaben.
Motorfliegen ist in der Schweiz nicht erlaubt. Dies erschwerte unser Vorhaben und verlängerte den Anflug beträchtlich. Da das Matterhorn auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien liegt, entschieden wir uns, vom Aostatal her aufzubrechen. In der Nähe des Ortes Saint Vincent fanden wir eine geeignete Startmöglichkeit. Kurz nach 7 Uhr war es dann so weit. Unser Startlauf mit vollem Tank und drei Schichten Kleidung hatte es in sich. Als wir abhoben, freuten wir uns umso mehr, einfach nur in der Luft zu sein. Soarend gewannen wir mit schnurrenden Motoren an Höhe.
Als sich plötzlich beim Überfliegen des ersten Vorberges das Matterhorn wie ein Riese aus Eis und Schnee vor uns erhob, stockte mir fast der Atem. Sofort spürte ich die enorme Anziehung des Berges, die mich schon seit Jahren in meinen Träumen begleitete. Im selben Moment platzierten sich Melanie und Michael vor dem noch weit entfernten Bergriesen. Ich machte die erste Aufnahme – ein mystischer Einstieg in die Welt aus Fels, Eis und Schnee
Um uns herum waren alle Gipfel über 3000 Meter hoch und man fühlte sich sehr klein in dieser mächtigen Bergwelt. Der Wind war auf unserer Seite und so stiegen wir an den steilen Felswänden des Punta Budden und Punta Lioy entlang der italienisch-schweizerischen Grenze auf die magische 4000-Meter-Marke zu. Ein Auge am Kamerasucher, das andere am Fluginstrument, um den Luftraum im Blick zu haben und ja nicht in den Schweizer Luftraum einzudringen.
Der Ausblick war überwältigend. Vor uns breitete sich das ganze Monte-Rosa-Gebiet mit den höchsten Gipfeln der Schweiz aus. Das Breithorn (4164 m) und die Dufourspitze (4634 m) glänzten im Gegenlicht. Ich schoss ein Bild nach dem anderen und plötzlich waren wir über dem Gipfel des Matterhorns. Der Traum wird wahr. Der Höhenmesser zeigte 4525 Meter an – wir hatten es geschafft. Die Luft war eisig, aber ohne jede Turbulenz. Wir genossen den Moment in vollkommener Stille, als wir zu dritt über den Gipfel hinweggleiten. Die Sicht um diese Uhrzeit und in dieser Höhe war schier grenzenlos. In diesem magischen Moment dachte ich an die berühmten Worte von Walt Disney: „If you can dream it, you can do it!“
Adi fliegt seit den frühen 1990er Jahren Gleitschirm und Drachen. In den vergangenen Jahren ist der Fotograf und Filmer auch immer öfters mit dem Paramotor anzutreffen.
Melanie hat vor sieben Jahren das Gleitschirmfliegen für sich entdeckt, als Hike&Fly-, Paramotor- und Streckenpilotin liebt sie es, neue Fluggebiete zu entdecken und so auf einen Trip wie diesen auf Entdeckungsreise zu gehen.
Gleitschirmfliegen ist Michis Beruf. Er ist ein erfahrener Wettkampfpilot und leitet das Testteam bei ADVANCE.