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This is Cerro Torre

Climb & Fly in Extremis

Die über 3.000 Meter hohe Granitnadel am Rande des patagonischen Inlandeises übt eine starke Anziehungskraft auf Alpinisten aus. Der markante Felsturm gilt wegen seiner steil aufragenden, glatten Wände und dem vereisten oberen Bereich als einer der schwierigsten und zugleich schönsten Gipfel der Welt. Das Trio um Roger Schäli, Mario Heller und Pablo Pontoriero will den Berg nicht nur besteigen, sondern auch vom Gipfel starten.

Es gibt kaum einen Bergsteiger, der nicht von Patagonien gehört hat. Der berühmte Cerro Torre galt lange Zeit als der «unmögliche» Berg. Mittlerweile spricht man von einem der schwierigsten Berge der Welt – wegen des anhaltend schlechten Wetters und des starken Windes. Keiner wagt dann auch nur an eine Besteigung zu denken. Was das alles mit Gleitschirmfliegen zu tun hat? Manchmal, ganz selten, ist das Wetter stabil. Der sonst so stürmische Wind schläft ein und immer mehr Paraalpinisten träumen vom Gleitschirmfliegen in Patagonien. So auch das Trio um die zwei Schweizer Alpinisten Roger Schäli und Mario Heller sowie dem argentinischen Bergführer Pablo Pontoriero.

Der Cerro Torre galt lange Zeit als der «unmögliche» Berg – wegen des anhaltend schlechten Wetters und der starken Winde.

Roger Schäli

Die Felsnadel Cerro Torre

In Patagonien muss man geduldig sein, abwarten und hoffen, dass sich ein günstiges Wetterfenster abzeichnet. Solche können manchmal länger oder kürzer ausfallen. «Bei uns zeichnet sich ein fünftägiges Fenster ab», berichtet Roger, «und ich habe zu träumen angefangen. Sollte ein Start vom Cerro Torre möglich sein? Lohnt es sich, den Gleitschirm einzupacken?» Wie die meisten Träume fängt auch dieser klein an. «Wir haben unseren Rucksack gepackt und rechnen damit, dass wir drei oder vier Tage bis zum Gipfel brauchen werden», erzählt Mario. Wie schwer der Rucksack ist? «Ich hab ihn nicht gewogen und will es eigentlich auch gar nicht wissen...vielleicht so um die 15 Kilo?» Er lacht und schüttelt den Kopf. «Der Anteil der Flugausrüstung macht jedoch nur 2 Kilo aus und ist sehr kompakt.»

Lohnt es sich, den Gleitschirm einzupacken? Zum Glück wiegt die Flugausrüstung nur um die 2 Kilo, das senkt die Hemmschwelle beträchtlich.

Mario Heller

Ein langer Weg

Am Anfang ist die Landschaft noch lieblich, der Wanderweg schlängelt sich durch die Südbuchten. Immer leicht ansteigend. Hier und da gibt es eine Lichtung, manchmal sogar einen Bach. Je länger die drei laufen, desto näher kommen sie dem Passo Macroni und damit dem Inlandeis. Dieses erstreckt sich über mehrere hundert Kilometer durch Argentinien. Die Landschaft ändert sich, die Lieblichkeit weicht Schnee und Eis. Mühsam laufen sie eineinhalb Tage lang durch den Schnee bis an den Anfang ihrer Route. Dort treffen sie zwei argentinische Seilschaften, auch diese wollen ihr Glück am Cerro Torre versuchen – allerdings ohne Gleitschirm. Die Aufstiegsbedingungen am Berg sind sehr anspruchsvoll. Roger, Mario und Pablo schliessen sich mit diesen Seilschaften zusammen. Klettern als ein grosses Team, so können sie die Führungsarbeit untereinander aufteilen. Jeweils einer steigt vor, und die anderen werden mit dem Seil von oben nachgesichert. Das Essen wird geteilt und der Schnee für die ganze Gruppe zu Wasser geschmolzen. Aus drei individuellen Seilschaften entsteht ein grosses Team mit dem gemeinsamen Ziel: Cerro Torre. «So einen Teamgeist habe ich am Berg noch nie erlebt», schwärmt Roger.

So einen Teamgeist habe ich am Berg noch nie erlebt! Das gibt es weder beim Gleitschirmfliegen noch beim Bergsteigen sonderlich oft.

Roger Schäli

Endlich. Oben.

Am vierten Tag erreichen die Alpinisten das Ziel und stehen auf dem Gipfel des Cerro Torre. Ein atemberaubendes Gefühl! Zur rechten Seite liegt das Inlandeis, Schnee, soweit das Auge reicht. Links ragt die berühmte Fitz-Roy-Gruppe aus der patagonischen Steppe. Gerade vorne dran, weit unten, erkennt man den Ausgangspunkt El Chalten. Und unser Trio? «Wir sind überglücklich und aufgeregt zugleich, denn es steht eine weitere Challenge bevor: der Start auf dem grossen Felsturm. Der Schirm wird gerade erst über unserem Kopf sein, bevor die 1.000 Höhenmeter hohe Ostwand vertikal unter unseren Füssen abbricht», sagt Mario. Ob er nervös sei vor dem Start? «Ja, auf alle Fälle. Wenn du nach fast vier Tagen Wandern und Klettern am Gipfel stehst, der Startplatz keine Fehler erlaubt, Kontrollblicke nicht mehr möglich sind. Ja dann bist du schon nervös», lacht Mario. Pablo startet als erstes, dann Roger. Mario macht den Schluss. Die anderen Aufstiegspartner warten am Gipfel, bis alle gestartet sind und fangen dann erst mit dem Abseilen an. Entgegen allen Erwartungen geniessen die Flieger einen absolut ruhigen Abgleiter über die atemberaubende Landschaft.

Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass die Luft in Patagonien so ruhig sein kann. Der absolute Genuss. Nicht ein Rascheln am Schirm.

Mario Heller

Wiedervereinigung

Bei der Landung haben die drei Profi-Alpinisten fast Tränen in den Augen. Die Anspannung der letzten Tage ist ihnen anzumerken. «Das war ein unglaublich emotionaler Moment», gesteht Mario. Im Schnee starten und im Gras landen ist immer etwas Besonderes. Aber nach einer fast viertägigen Tour auf dem Gipfel starten zu können – noch dazu, wenn es nur eine Handvoll Tage im Jahr gibt, an denen der Wind in Patagonien so etwas zulässt und gemeinsam zu landen...ja, das muss etwas ganz Besonderes sein. Ein Gefühl von vollkommener Zufriedenheit. Pures Glück. Das Trio packt seine Schirme zusammen und ist eine Stunde später zurück in Chalten. Die anderen Aufstiegspartner kommen erst spät am nächsten Tag an. Nichtsdestotrotz freuen sich alle, wieder gemeinsam unten im Dorf zu sein und auf ihren gemeinsamen Gipfelerfolg anzustossen.

 

Roger Schäli: Startabbruch? Fehlanzeige!
Insgesamt ging ich mit einem guten Gefühl an den Torre. Ich hatte zwar viel Respekt vor dem Startplatz, nicht so sehr vor der Route auf den Gipfel. Aber ich hab mich getäuscht. Die Verhältnisse beim Aufstieg waren nicht gut, die Rucksäcke sauschwer, der Zustieg weit. Es war hart und anspruchsvoll, ich bin an meine Grenzen gestossen! Das i-Tüpfelchen war dann der anspruchsvolle Start. Pablo und Mario sind die besseren Piloten als ich. Ich war froh, dass ich in der Mitte starten durfte. Einmal losgelegt, gibt es kein Zurück, keine zweite Chance. Startabbruch? Fehlanzeige! Umso grösser die Erleichterung, als ich endlich in der Luft war. Wow! Was dann folgte, war ein absoluter Traumflug bei unglaublich ruhigen Verhältnissen.

 

Mario Heller: Unglaublicher Teamgeist
Wir sind als Team geklettert, als ein grosses Team. Die nicht fliegenden Seilpartner, unsere argentinischen Freunde, haben uns am Gipfel beim Start unterstützt. Es ist definitiv etwas Anderes, wenn du weisst, da steht noch jemand oben, wartet auf dich. Falls es mit einem Start nicht klappt, kannst du mit ihnen abseilen. Das gibt Sicherheit. So schön es für uns war, so leid haben mir unsere Freunde getan. Wir hatten eine super Zeit beim Aufstieg, und jetzt seilen sie ohne uns ab. Der Rückweg vom Torre in die Zivilisation ist weit, sie sind erst spät am nächsten Tag angekommen. Da wird einem nochmals bewusst, wie privilegiert wir Piloten sind, so leichte, kompakte Schirme zu besitzen, die man einfach mitnehmen kann.

Roger‘s Ausrüstung

PI 3

PI 3

Light Versatility

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STRAPLESS 2

STRAPLESS 2

Ultralight Mountaineer

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Das Team